Geschichte Liebfrauen Jöllenbeck
Die Geschichte der katholischen Gemeinde in Jöllenbeck ist zwar noch kurz, aber ereignisreich: Seit der Reformation lebten in Jöllenbeck nur noch vereinzelt katholische Familien. Katholische Gottesdienste gab es hier jahrhunderte lang nicht.
Das änderte sich gegen Ende des Zweiten Weltkrieges schlagartig, als zahlreiche Vertriebene katholischen Glaubens, vor allem aus Schlesien, aber auch aus dem Ermland nach Ostwestfalen kamen. Am 18. Dezember 1944 wurde der erste katholische Gottesdienst seit Jahrhunderten in Jöllenbeck gefeiert. Schon hier zeigte sich die in den folgenden Jahrzehnten immer mehr vertiefte Zusammenarbeit der beiden großen christlichen Konfessionen. Für die Messfeiern der katholischen Gemeinde stellte die evangelische Gemeinde ihre Kirche zur Verfügung. Als beispielhaft verzeichnet der Chronist das Verhalten der katholischen Gemeindemitglieder, die jahrzehntelang in aller Herrgottsfrühe, Sommer wie Winter, den einzigen Gottesdienst besuchten, meistens zu Fuß oder allenfalls mit dem Fahrrad weite Wege zurücklegend!
Nachdem die Zahl der Katholiken immer mehr stieg und in den fünfziger Jahren allmählich 800 erreichte, wurde die Forderung nach Errichtung eines eigenen Gotteshauses immer lauter, und schließlich stimmte der Erzbischof dem Bau einer katholischen Kirche zu. Ein günstig gelegenes Grundstück konnte erworben werden, und nach jahrelangen Vorbereitungsarbeiten konnte endlich am 15. Mai 1957 der erste Spatenstich getan werden. Die Ausschachtungsarbeiten wurden fast ausschließlich von den Männern der Gemeinde geleistet, und zwar ohne technische Hilfsmittel, wie sie heute üblich sind. Trotzdem konnte schon am 17. Juli 1957 Dechant Heinrich Sunder, den Grundstein legen. Am 14. Juni 1958 wurde die Kirche durch den damaligen Erzbischof von Paderborn, den späteren Kardinal Dr. Lorenz Jäger, feierlich konsekriert. Die eindrucksvolle Feier erhielt einen würdigen Rahmen durch die Mitwirkung des Posaunenchores der evangelischen Gemeinde Jöllenbeck und des Kirchenchor Mitteln errichtete Kirche war ein unauffälliger Bau, den ein zierlicher Dachreiter als Gotteshaus auswies. Das durch einen Mittelgang geteilte Langschiff gab den Blick frei auf das alles beherrschende Altarmosaik, das die Krönung Mariens darstellt; es wurde von den Varenseller Benediktinerinnen geschaffen.
Die Gottesdienste in der neuen Kirche wurden zunächst noch, wie bereits seit Jahrzehnten, von den Geistlichen der katholischen Kirche St. Johannes-Baptist in Schildesche gehalten. Vor allem der inzwischen verstorbene Pfarrer Bernhard Lutterberg hatte sich nicht nur um den Bau der Kirche, sondern vor allem auch um die Seelsorge in der Gemeinde verdient gemacht. Im Herbst 1960 wurde Liebfrauen Jöllenbeck dann seelsorgerisch selbständige Pfarrvikarie. Zum ersten Pfarrvikar in Jöllenbeck wurde Pater Franz Metz ernannt, der den Jöllenbeckern bereits aus den vorhergehenden Jahren der Betreuung durch die kath. Gemeinde Schildesche bekannt war. Im Frühjahr 1963 wurde das Gemeindezentrum durch ein Pfarrhaus und 1965 durch ein Pfarrheim vervollständigt. Das Pfarrheim erhielt den Namen des Bekennerbischofs und späteren Kardinals Clemens‑August Graf von -Galen und ist heute als „Graf-von-Galen-Haus“ aus der Arbeit der Gemeinde nicht mehr wegzudenken, im Gegenteil: Es wird langsam zu klein.
Zusammengestellt von Felix Rossipal
Ab 1576/77 | Durchsetzung der Reformation in den Bauerschaften Ober- und Niederjöllenbeck |
17./18. Jh. | Keine Belege für den Aufenthalt katholischer Christen am Ort |
19. Jh. | Bei starken Schwankungen nur wenige Katholiken (unter 1 % der Gesamtbevölkerung) in Jöllenbeck |
1925-1939 | Zuzug von sechs katholischen Familien sowie von Einzelpersonen nach Jöllenbeck, deren Seelsorge die St. Johannes Baptist-Gemeinde in Schildesche übernimmt |
Ab 1942 | Evakuierungen aus dem Ruhrgebiet und Rheinland ergeben einen nennenswerten Zuzug von Katholiken nach Jöllenbeck |
18.12.1944 | Erster katholischer Gottesdienst (Eucharistiefeier) seit der Reformation in Jöllenbeck in der evangelischen Kirche |
21.04.1946 | Anlässlich des Osterfests stellt das Presbyterium der evangelischen Gemeinde seine Kirche dauerhaft für einen katholischen Gottesdienst am Sonntag zur Verfügung – eine frühe Saat ökumenischer Verbundenheit |
Ab 1950 | Anwachsen der katholischen Bevölkerung in Jöllenbeck durch Heimatvertriebene auf rund 800 Gläubige. 1953 gegründeter Kirchbauverein ergreift Initiative zum Bau einer katholischen Kirche, die unter großen Opfern realisiert wird |
14.06.1958 | Weihe des ursprünglich wesentlich kleineren Gotteshauses als Liebfrauenkirche durch den Paderborner Erzbischof Dr. Lorenz Jäger. Erster Pfarrvikar der Gemeinde wird Pater Franz Metz MSF |
1963-1965 | Bau von Pfarrhaus und Gemeindezentrum, seit 1968 „Graf-von-Galen-Haus“ |
1983/84 | Erweiterung und grundlegende Umgestaltung des Kirchengebäudes infolge der Verdoppelung der Gemeindemitgliederzahl – die Kirchengemeinde zählt etwa 1.500 Katholiken. Architekt ist Joachim Georg Hanke |
09.06.1984 | Einweihung der jetzigen Kirche durch den Paderborner Erzbischof Dr. Johannes Joachim Degenhardt |
22.06.1997 | Ergänzung der Kirchenausstattung durch die mit Hilfe des Orgelbauvereins finanzierte Speith-Orgel |
2007 | Errichten des hölzernen Friedensmahners an beiden Kirchen – der katholischen Liebfrauenkirche und der evangelischen Marienkirche – auf Initiative des damaligen Arbeitskreises „ökumenisches Friedensgebet“; auch ein Mahner und Zeichen für gelebte Ökumene“ |
Quelle: www.heimatverein-joellenbeck.de
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Neue Westfälische | 18.09.2015