Ökumenischer Ostergruß 2022

Ökumenischer Ostergruß 2022

„Frohe Ostern!“ – von Herzen wünschen wir Ihnen in diesem Jahr ein frohes und in allem gesegnetes Osterfest! Nach den langen Wochen und Monaten der Epidemie und angesichts der unfassbaren Schreckensnachrichten, die uns aus der Ukraine erreichen, wünschen wir uns und Ihnen ein Osterfest der Freude und des Friedens! Wenn es eine Grußformel gibt, die dem Osterfest am trefflichsten entspricht, dann ist es wohl diese: „Frohe Ostern!“ Der Grund der österlichen Freude liegt in der menschlichen Einsicht über den unbedingten Friedenswillen Gottes. In Gottes Handeln wird sein Friedenswille konkret und anschaulich. Die Krippe und das Kreuz zeigen Gottes Liebes- und Friedensabsicht mit dieser Welt. Sie nehmen Menschen in den Dienst, die sich den Friedenswillen Gottes gefallen, sich ihn zusagen lassen.

„Friede mit euch!“ „Schalom alechem!“ grüßt der auferstandene Christus am Ostermorgen seine zuvor noch verängstigten und verschreckten Jüngerinnen und Jünger. Friede! Dieser Ostergruß des auferstandenen Christus erfolgt vom Standpunkt überwundenen Leids. Christus grüßt aus einem anderen, einem neuen Leben und dieser Friedensgruß wird hineingesprochen in unser Leben und in unsere Zeit. Wie jeder Gruß eine Verbindung herstellt zwischen demjenigen der grüßt und denjenigen die gegrüßt werden, so auch der Friedensgruß des Auferstandenen: „Friede mit euch!“ Die Verbindung zwischen Christus und denen, die ihm zugehören, ist inhaltlich bestimmt durch die Wirklichkeit von Versöhnung und Frieden.

In diesem Jahr ergeht der Ostergruß nicht ungebrochen in die Welt. In diesem Jahr wird die Freude des Festes überschattet von den Erfahrungen von Flucht, von Krieg und Zerstörung, von Gewalttat und Mord in der Ukraine. Wir hören vom Unfrieden, der von Menschen angestiftet wird. Sie üben brutale Gewalt und treten die Würde von Menschen mit Füßen. Können wir da so einfach unbeschwert Ostern feiern? Dürfen wir das Leben feiern, wenn Menschen in der Ukraine sterben? Wie passt da die Erinnerung an die österliche Freude, die mit dem Ostergruß verbunden ist?

„Friede mit Euch!“ Die erste Botschaft, die der Auferstandene an seine Jünger richtet, will als Botschaft des Friedens konkret werden. Sie brauchen Frieden für sich und für die Zukunft. Sie brauchen Frieden, um mit den grausamen Bildern der Vergangenheit abzuschließen. Sie brauchen Frieden, um neu den Menschen draußen begegnen zu können. Sie brauchen Frieden, damit sie nicht den falschen Weg der Rache einschlagen.

„Friede mit Euch!“ Was ist das für ein Friede, den Jesus seinen Jüngern wünscht? Jesus hatte bereits vor seinem Sterben im Abendmahlssaal vom Frieden gesprochen, den er als Vermächtnis zurücklassen werde. Ganz ausdrücklich spricht er von seinem Frieden und davon, dass es kein Friede sein werde, wie die Welt ihn geben könne. Der Friede, von dem Jesus spricht ist eine Lebenshaltung. Es ist die Haltung, die die Gedanken in die Richtung von Versöhnung und Ausgleich lenkt. Der Osterglaube lebt für ein Leben, in dem Hass und Vergeltung keinen Platz finden. Sie sind überwunden. In dieser Haltung sind Neuanfänge möglich, die sonst undenkbar wären. Als Einladung und Ermutigung, als Zusage einer neuen Wirklichkeit ergeht der österliche Gruß.

„Friede mit Euch!“ Das Wort Jesu trifft uns an diesem Osterfest in ähnlicher Weise, wie die Jünger damals. Der Krieg in der Ukraine führt jeden Tag neu vor Augen, wie zerbrechlich der Frieden in der Welt ist. Wir wünschen uns nichts mehr, als dass die Waffen für immer schweigen mögen, und dass Konflikte ohne militärische Maßnahmen auf dem Wege der Verhandlung und der Diplomatie gelöst werden. Und vom menschlichen Selbstverständnis kann und darf es keinen Einsatz von Waffen und Bomben geben. Doch die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Was Menschen gerade in der Ukraine   erleben und erleiden müssen, ereignet sich immer wieder neu an vielen anderen Orten der Erde. Die Botschaft von Ostern verschließt vor der Wirklichkeit nicht die Augen. Mit seinem „Friede mit Euch!“ ruft Jesus die Jünger aus der Absonderung vor der Wirklichkeit hinein in eine neue Lebenshaltung. Trotz aller Erfahrung von Friedlosigkeit, von Krieg und zerstörerischem Handeln ist es notwendig, mit der Haltung des Friedens die Welt zu sehen und an den Stellen zu verändern, wo es möglich ist.

Eine solche Haltung des Friedens zeigt sich bei Menschen, die nicht den Parolen der Lauten und Populisten folgen. Sie zeigt sich in der Hilfe und in der Unterstützung von Geflüchteten. Sie zeigt sich in einem verantwortlichen Umgang mit den Ressourcen der Erde und im Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung. Sie zeigt sich darin, dass Grenzen von Konfessionen immer mehr umberwunden sind. Der österliche Friede ist ein umfassender Friede, ein zugesagter Friede, er ist das Geschenk eines neuen Lebens, das in dieser Welt Wirklichkeit werden will. Von daher der Gruß, der in unserer menschlichen Freude sein Ziel findet. Ganz in diesem Sinne also: „Frohe Ostern!“

Ihre

Norbert Nacke, Dechant

Christian Bald, Superintendent


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