Ein Seelsorger
Für Menschen, die ihrer Arbeit mit besonderer Freude nachgehen, gilt der Satz: Für sie ist der Beruf nicht bloßer Broterwerb, sondern Berufung. Das gilt für Priester in besonderer Weise, denn wer den Menschen die frohe Botschaft verkündigen will, braucht ein offenes Herz für Gottes Wort, offene Augen für die Nöte der Mitmenschen und offene Ohren für ihre Sorgen. Alle, die Volker Ising kannten, spürten dies.
Als er 1990 als Vikar in die Pfarrei St. Johannes-Baptist in Schildesche und die Pfarrvikarie Liebfrauen in Jöllenbeck kam, war dies seine erste Stelle nach der Priesterweihe. Grund genug, zunächst abzuwarten, sich zu orientieren und zu schauen, was zu tun ist. Gleich am Anfang sah er sich mit vielen Forderungen konfrontiert: Man müsste doch mal wieder etwas für die Kinder machen, damit sie gerne zur Kirche gingen, für die Senioren, die Messdiener, für junge Familien sowieso. Manch einer hätte hier die Segel gestrichen und gerufen: Lasst mich doch erst einmal ankommen! Volker Ising tat dies nicht. Seine Art war nicht, großzügig zu versprechen, was nicht zu halten war, er handelte einfach, er war da. Für alle.
Bei der Frauengemeinschaft (kfd) und bei der Kolpingsfamilie wirkte er als Präses mit. Einen besonders guten Draht hatte er, der gerade erst 26 Jahre alt war, zu der Jugend. Die Türen seines Hauses standen offen, oft trafen sich die jungen Christen aus der Jöllenbecker und Schildescher Gemeinde „bei Volker“. Im Sommer 1991 organisierte er für Jugendliche der Jöllenbecker Gemeinde eine Fahrt in seine Heimatstadt Marsberg, wo in der Jagdhütte seines Patenonkels im Wald übernachtet wurde. Bei dieser Gelegenheit durften wir auch seine Familie näher kennen lernen.
Das Ziel, Gemeinschaft zu fördern, lag ihm am Herzen. Für Firmlinge veranstaltete er Wochenendfreizeiten, im Sommer 1992 folgte auch eine Freizeit für Kinder an der Eckertalsperre, auch diese selbst organisiert. Wie viel Organisationsarbeit, wie viel Einsatz steckte in dem Projekt! Doch gleichzeitig zeigten sich hier schon erste Anzeichen jener Krankheit, die ihn nicht mehr loslassen sollte. Immer öfter klagte er über Kopfschmerzen und Schwindel. Eine Einladung zur Hochzeitsfeier nach der Trauung musste er dem Brautpaar absagen, weil er sich nicht gut fühlte.
Dann die schockierende Diagnose: Hirntumor. In einer komplizierten Operation mit anschließender Strahlentherapie konnte der Tumor zwar entfernt werden, aber es blieben schwere Schäden. Die Genesung war langwierig und Volker Ising verzweifelt, dass er den geliebten Priesterberuf wohl nie wieder wie früher würde ausüben können. Langsam erholte er sich, doch es blieben starke Einschränkungen.
Es folgten verschiedene Stationen, der Kontakt zu Gemeindemitgliedern in Schildesche und Jöllenbeck hielt aber über die Jahre. Viele kamen zu seinem 40. Geburtstag, den er in einem Gemeindezentrum in Paderborn feierte, und erschraken, als sie sahen, wie sehr sich sein Gesundheitszustand in der Zwischenzeit verschlechtert hatte. Doch von Volker Ising war keine Klage zu hören, er strahlte Ruhe und Zufriedenheit aus und freute sich, alle wiederzusehen.
Doch seine Gesundheit verschlechterte sich im Laufe der Zeit immer weiter. Schließlich war es ihm nicht mehr möglich, alleine zu leben; die Versetzung in den Ruhestand und der Umzug in ein Pflegeheim im heimischen Marsberg wurden unumgänglich. Dort erhielt er viel Unterstützung von seiner Familie. Das Sprechen und Gehen wurde mühsamer, die letzten Jahre war Volker Ising auf den Rollstuhl angewiesen und konnte kein Gespräch mehr führen. Die Sonntagsmesse in seiner Heimatkirche St. Magnus in Marsberg verfolgte er vom Rollstuhl aus. Volker Ising starb am 22. Oktober 2023 in Marsberg. Schließen wir ihn in unser Gebet ein!
Rainald Bartsch, PGR Liebfrauen Jöllenbeck