Pietà in Liebfrauen Jöllenbeck

Im Vordergrund der Pietà: der tote Heiland. Er hat gelitten und ist gestorben, so wie viele Menschen leiden müssen und wir alle sterben werden. Davon zeugt der tote Jesus der Pietà.

Und auch wenn wir seine Auferstehung von den Toten glauben und verkündigen – es ist eine Auferstehung mit den Wundmalen an Händen und Füßen. Das Leid ist nicht vergessen, sondern verwandelt.

Erinnerung an vergangenes und Vergegenwärtigung von heutigem Leid, menschlichem Leid. Das kann sehen, wer die Pietà betrachtet und den Menschen Jesus sieht.

Im Hintergrund der Pietà, teilweise verdeckt durch den Toten: Maria, die Mutter. Die Frau, die ihn empfangen, getragen und geboren hat, die sein Leiden und seinen Tod miterleben musste, ohnmächtig danebenstehend.

Die Pietà erscheint wie der Gegenpol zum Weihnachtsbild. Hat Maria hier ihr Kind auf dem Arm, liegt dort der Leichnam ihres Sohnes auf ihrem Schoß. Das eine eine Szene, die Liebe und Geborgenheit trotz Armut und in Gefahr vermittelt, das andere eine voller Schmerz und Leid, ohne jeden Trost.

Die Ordnung des Lebens ist auf den Kopf gestellt, wenn Kinder vor den Eltern sterben, ja, ihnen durch einen gewaltsamen Tod entrissen werden.

Für sie ist die Welt aus den Fugen geraten, ihr Leben zerbrochen. So wie das Leben Vieler aus den Fugen gerät und zu zerbrechen droht, die sich um einen anderen Menschen sorgen, mit ihm mitleiden, Angst um ihn haben und doch nichts tun können. Das kann sehen, wer die Pietà betrachtet und Maria sieht.

Die Pietà – der tote Jesus und seine Mutter werden zum Spiegel menschlicher Erfahrung und können so – ja, was? Trösten? Vielleicht noch zu hoch gegriffen. Ein Bild sein, auf das ich schaue und in dem ich auch mich erkenne? – Möglicherweise.

Einen Ort zeigen, wo ich sein kann – ohne Erklärung, ohne Tun, ohne Worte, und doch verstanden werde …

Die Kerzen vor der Pietà bezeugen: Etwas davon ist hier geschehen, es geschieht und es ist gut.

Sabine Zorn

Pieta Liebfrauen Jöllenbeck